Graffiti-News Nr. 029 
14.7. - 20.7.2002

Neuigkeiten aus der Welt der Graffiti-Forschung

zur graffiti edition - Fachverlag Graffiti und Street-Art

neu: Graffiti-Museum Wien - www.graffitimuseum.at

Internationale Graffiti-Aufträge, Wandgestaltungen 

 

 

20.7.2002

 

Bilddokumente zum Selbstwertgefühl in der Sprayer-Szene:

 


 

BUSK - einer der bekannten Nachwuchs-Writer von Wien - Mitglied der DHP-Crew, die einen der Graffiti-Workshops des Instituts für Graffiti-Forschung leitete.

Von BUSK stammt das größte Style-Graffito Wiens, stilistisch ähnlich simpel ausgeführt wie das Piece im Bild oben.

 


 

 

Wien - Donaukanal

KGB-Style

 


 

Graffiti und Symbolforschung:

Ein spezielles Symbol, das gerne Machthabern, politischen Funktionären jeglicher Parteienzugehörigkeit, meist im Wahlkampf aufgemalt wird, ist das Hitlerbärtchen

Symbolgeschichtlich betrachtet ist es ein junges Zeichen, allerdings mit großflächiger Verbreitung - dokumentieren konnten wir es in verschiedenen Ländern Europas.

Besonders gehäuft sind Politiker konservativer Parteien von dieser Kennzeichnung betroffen. Das Bildbeispiel stammt aus dem Berliner Wahlkampf 2001 - ein Aktivist wählte hier den Regierenden Bürgermeister (damals SPD-Kandidat) als Ziel für seine Intervention. 

 


 

19.7.2002

Graffiti und Symbolforschung:

Alle aktuellen, sowie viele historisch wichtige Symbole der Menschheit, kann man auch in Form von Graffiti finden, wir haben einige davon bereits auf der website des ifg vorgestellt. Entwicklungsgeschichtlich kann man annehmen, dass viele dieser Symbole, die die Menschheit seit Jahrtausenden begleiten, ursprünglich als Graffito kreiert wurde - also ungefragt im öffentlich zugänglichen Raum entstanden sind.

Diem, Peter; 1995: Die Symbole Österreichs. Zeit und Geschichte in Zeichen. Kremayr & Scheriau, Wien

Die Erklärungen zum hier wiedergegebenen Symbol sind diesem Buch entnommen:

Ursprünglich heraldisches Zeichen (Dreibein) das im Wappen der Insel Man und in jenem des Königreichs Sizilien vorkommt. Es ist immer noch in Gebrauch in der Flagge der rechtsextremen Südafrikanischen Burenbewegung. Während des Ständestaates in Österreich wurde das Dreibein als Ständeabzeichen für Industrie und Bergbau verwendet (in den Mittelpunkt eines Zahnrades gesetzt).

Die oben wiedergegebene Variante wurde im Juli 2002 an einer Wiener Parkbank dokumentiert und steht sehr wahrscheinlich in rechtsextremen, rassistischem Bezug.

 


 

Ausdruck aus dem sexuellen Vulgärbereich:

Schriftzug - Style - an einem der ofiziellen Wiener walls. Hier als Beschimpfung aufzufassen und zum "crossen" des darunterliegenden Pieces verwendet. Dokumentiert im Juli 2002.

 


 

Antisemitismus hat weitaus nicht immer eine rechtsextreme Motivation. Viele Graffiti die sich gegen Israel oder generalisierend gegen "die Juden" richten sind als Protest gegen die israelische Palästinenserpolitik aufzufassen.

Bratislava, Juli 2002

 


 

Ku Klux Klan - Schriftzug: 
häufig in Graffiti von rechtsextremen Aktivisten anzutreffen, oft auch in der Abkürzung KKK zu finden und mit dem Kapuzenmotiv. Meistens in Kombination mit rassistischen Aussagen.

Das Motiv links wurde im Juli 2002 dokumentiert (an einer Wiener Telefonzelle).

 


 

Eine spezielle Form von Signet bzw. Markenzeichen sind die diversen Stadt-Wappen - das Bildbeispiel stammt aus Bratislava.

In der Writer-Szene wird durch die grafische Einzigartigkeit von Tags diese Markenkultur nachgeahmt.

 


 

Dass jede denkbare sexuelle Variante Thema in Graffiti sein kann, ist vielfach belegt. 

Im Bildbeispiel die praktisch unmögliche sexuelle Betätigung mit einer Maus...

 


 

18.7.2002


BRATISLAVA, Juli 2002

Mitglieder der RZK-Crew - fotografiert vor einem ihrer Werke:

Frühes Werk der Sprayer-Kultur an einem der typischen Ostblock-Plattenbauten:

©Norbert Siegl, 2002
 

 


 

Piece von den MUTANTS - der präsentesten Sprayer-Crew von Bratislava:

©ifg, Juli 2002

 


 


Historisches Graffito aus Frankfurt/Main:

Saul Len teilt dazu folgendes mit:
Ffm 82: Hier wurde eine Plakatwand für ein Politgraffito genutzt und ironisch dem Plakatinhalt angepasst.

 


 

17.7.2002

'MUTANTS' - das meistverbreitete Graffiti-Tag in Bratislava...

Dokumentation 2002, ©ifg

 


 

Markenzeichen, Signets, Logos spielen eine große Rolle in der Kultur des graffiti-writing. Durch die Unverwechselbarkeit soll die Einzigartigkeit des jeweiligen Individuums betont werden. Die gleiche Motivation steht hinter den diversen kommerziellen Markenzeichen (Mercedes-Stern, Coca-Cola - Schriftzug, ...) und auch hinter den Wappen und Symbolen von Staaten.

Hier die Staatssymbole von Djibouti (im Zeitalter der Massenvernichtungswaffen anachronistisch wirkend).

 


 

Ungewöhnlich gestaltetes "Ich war hier" - Motiv. In die Außenwand einer Kirche im 1ten Wiener Gemeindebezirk gekratzt.

Dokumentation: Juli 2002

 


 

16.7.2002

Schrammen (Kampfspuren?) in der Wand eines Stadttores in Hainburg, Niederösterreich, mit roter (Blut)-Farbe markiert.

©ifg, 2002

 


 

Graffiti und Symbolforschung:

Ein wichtiges Symbol in Graffiti - v.a. in den Graffiti der Writer-Kultur - ist die Krone. Man findet Kronen verschiedener Art - die dahinterstehende Motivation ist, sich aus der Masse der Tagger zu "erhöhen", sich besondere Wichtigkeit zuzuordnen und Abstand zu den Toys zu schaffen.

Daneben ist die Krone als Symbol weit verbreitet in der Volkskultur - das Beispiel rechts stammt von der Fassade des Gasthauses "zur goldenen Krone" in Freistadt, OÖ.

 


 

15.7.2002

©Norbert Siegl, Wiener Graffiti-Archiv - Graffiti-Doku Europa

Ablehnungen rechtsextremer Gesinnung sind in Graffiti häufig anzutreffen. Eine bekannte Variante sind die Hinzufügungen auf Mülleimern - wo dem aufgedruckten Männchen ein Hakenkreuz in die Hand gezeichnet wird - sodass es symbolisch im Abfall landet. Ein Beispiel dafür finden sie in der Graffiti-Enzyklopädie auf Seite 130. 

Im Beispiel links (Schablonengraffito aus Bratislava) wird dieses bekannte Motiv neu variiert, indem dem Männchen mit der erhobenen Hand der Mülleimer übergestülpt wurde. 

 


 

Interventionen (Hinzufügungen, Überschreibungen, ...) auf Werbe- und Wahlplakaten sind häufig. Das Beispiel rechts stammt aus Bratislava - vermutlich ist das Textelement "FICUS!" eine Beschimpfung.

©ifg

Siehe dazu auch:
http://www.graffitieuropa.org/wahlplakate.htm 


Sexualzeichnung mit übertriebener Betonung von Geschlechtmerkmalen - Reduktionen dieser Art findet man oft in Zeichnungen aus Männertoiletten.

Bratislava, Juli 2002,©ifg

Siehe dazu auch:
http://www.graffitieuropa.org/klograffiti.htm

 


 

14.7.2002


Piece aus Bratislava, dokumentiert im Juli 2002

Die Sprayer-Kultur ist längst fester Bestandteil in den Städten des ehemaligen Ostblocks. Qualitativ gibt es keine Unterschiede zu den Produktionen in westlichen Ländern, wo die Tradition des Writing um einiges älter ist.
 

 


 

Text-Graffito aus der Innenstadt von Bratislava (Juli, 2002) - ausgeführt in Bleistift-Technik an einer Hauswand.

Falls jemand den Text übersetzen kann, ersuchen wir um Mitteilung an das ifg!

 


 

Graffiti-Sprayer und Mädchen - eine Anfrage:

Sehr geehrte Damen und Herren, ich hoffe doch, dass Sie mir weiter helfen können.
Kurz zur mir: Ich heiße ... und studiere in ... Soziologie. In diesem Semester schreibe ich eine Hausarbeit über Mädchen in Szenen und habe mir dazu speziell die Graffiti Szene ausgesucht. Leider gibt es darüber kaum Literatur und anderes Material. Ich hoffe nun, dass Sie mir vielleicht ein paar Informationen dazu schicken könnten.
Im Voraus bedanke ich mich recht herzlich. Mit freundlichen Grüßen ...


Liebe Frau ...! Sie wissen ja, dass wir den Begriff Graffiti weit über die Sprayer-Szene hinausgehend betrachten, im Sinne einer völlig eigenständigen Kommunikationsform. In vielen Subbereichen der Kommunikationsform Graffiti gibt es auch Aussagen von Mädchen und Frauen, etwa z.B. bei den Toilettengraffiti, in Schulbankgraffiti etc. und man kann hier Graffiti gut nützen um die unterschiedlichen - geschlechtstypischen - Kommunikationsstile zu erforschen - siehe dazu die Publikationen der graffiti edition.

Mit dem Thema "Mädchen in der Sprayer-Szene" haben sie sich ein schwieriges Thema gesucht, zu dem es kaum empirische Untersuchungen gibt. Nachdem der weibliche Anteil in der Sprayer-Szene sehr gering ist, dürfte es auch schwierig sein, die Ursachen dafür bei Sprayerinnen zu erfragen und man bleibt auf Vermutungen angewiesen. Nachdem sie Soziologie studieren, dürfte es aber nicht allzu schwierig sein, generelle Theorien oder Hypothesen dafür ausfindig zu machen, dass in risikoreichen Subkulturen (etwa auch bei Hooligans, Skins, etc.) der Anteil weiblicher Mitglieder gering ist. Seltsamerweise ist der Anteil von Frauen z.B. in der Punk-Szene aber wieder hoch...

In unserer "Kunstlinks-Seite" finden sie Links zu zwei Damen (Französinnen, Miss Van und Miss Tic) die im Bereich Graffiti tätig sind (allerdings nicht unbedingt in der HipHop-Szene), vielleicht können sie dort etwas erfragen. Hier die Adresse: http://www.graffitieuropa.org/links/kunst.htm  

Bei HipHop-Jams - also im legalen Bereich - stellt man fest, dass ein sehr hoher Anteil von Mädchen vorhanden ist, auch bei den von uns organisierten Graffiti-Workshops waren immer viele Mädchen dabei...

Jedenfalls ist ihre Fragestellung interessant und es interessiert uns, zu welchen Ergebnissen sie kommen. Falls die Arbeit gut wird, können wir ihnen anbieten, diese in einer der Graffiti-News Bände zu publizieren, bzw. eine Zusammenfassung auf graffiti.netbase.org zu veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüssen, Institut für Graffiti-Forschung

 


 

Fensterumrahmungen - gestaltet in Sgraffito-Technik. Ein abtragendes Verfahren, bei welchem Substanz "weggekratzt" wird. Von dieser Technik leitet sich der Begriff Graffiti (bzw. Graffito) ab - siehe Definition. Im Beispiel (links) sieht man, dass auf die graubraune Putzschicht eine weiße Fläche aufgetragen wurde - aus dieser wurde mit Kratzeisen die Verzierung - "ausgekratzt", sodass der darunterliegende Verputz zum Vorschein kommt. Die Technik wurde auch zu hochkomplizierten künstlerischen und schönen Gestaltungen verwendet - im Archiv befinden sich Beispiele aus verschiedenen europäischen Ländern.

©ifg, Bratislava, Juli 2002

 


 

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Zuletzt veröffentlichte Ausgabe (Graffiti-News Nr. 28): Graffiti News, 28/2002