Graffiti-News Nr. 20: 3.6. - 6.6.2002

Neuigkeiten aus der Welt der Graffiti-Forschung

Internationale Graffiti-Aufträge, Wandgestaltungen

neu: Graffiti-Museum Wien - www.graffitimuseum.at

  zur graffiti edition - Fachverlag Graffiti und Street-Art

 

 

6.6.2002

 

Über einige weitverbreitete Tags und Graffiti-Motive berichteten wir bereits in früheren Graffiti-News-Ausgaben:

Links die Spezialform eines Graffitos, das 1999 und 2000 das quantitativ weitaus häufigste Motiv in Wien war. Der Aktivist verbreitete tausendfach selbstgezeichnete Pläne öffentlicher Verkehrsmittel - links eine eher einfache Variante, die Pläne konnten in Einzelfällen bis zu eineinhalb Meter hoch und entsprechend komplex ausgestaltet sein.

 

 

Tags aus Wien:

PAINT - vermutlich um 2000 herum entstanden - relativ groß - ca. 1,5 m im Original

KEROSIN - älteres Tag, eher klein, in Hauseingängen anzutreffen. Vermutlich um 1995 entstanden.

 

 

5.6.2002

 

Graffiti-Thema Sexualität:

Im Beispiel rechts Menstruation - Kindergraffito

©ifg,2002

 

 

Bild links: 
Satanistische Symbolik auf einer Parkbank, Wien 2002
Bild rechts: 
Ungeklärte Symbolik - in der Nähe des obigen Motivs dokumentiert. Die m's sind dem astrologischen Zeichen der Jungfrau sehr ähnlich, das rechte Symbol entspricht dem Zeichen des Stiers (2 Hörner und Kopf), nur der nach links unten gerichtete Pfeil lässt sich den Tierkreiszeichen nicht zuordnen. Falls jemand genaueres dazu weiß, ersuchen wir um Mitteilung. 

Mitteilung von Herrn Michael Kremnitzer (15.8.02) zur Bedeutung der beiden "M":

marylin manson trägt dieses zeichen in seinem neuen viedeo "tained love" am hals. vielleicht ist das eine hilfe für euch. der name marylin manson setzt sich einerseits aus dem namen marylin monroe (steht für schönheit und glanz) und aus charles manson (amerikanischer ritualmörder im 20 Jhdt.) zusammen. in den letzten jahren wurde marylin 
manson immer bekannter. derzeit hört man seine musik überall. er wurde zum mainstream. viele jugendlich lieben das abartige, fast schon perverse an ihm. pseudo-satanische rituale so wie selbstverstümmelung bei seinem live-auftritten sind keine seltenheit. trotzdem ist seine musik wirklich nicht schlecht. ich kann mir zu diesen symbolen vorstellen, dass sie ein fan hingezeichnet hat.

ich hoffe, ich hab ihnen weiter geholfen, falls es noch fragen gibt, stehe ich gerne weiter zur verfügung, michael kremnitzer

 

 

Informationen zum ifg-Projekt "Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit":

http://www.graffitieuropa.org/rechts.htm

 

 

Betrifft: Graffiti-Forschung und Methodik

Mit dem Wiener Modell der Graffiti-Forschung wurde ein hermeneutisches System zur Erfassung des Gesamtphänomens Graffiti entwickelt - eine überblicksartige Darstellung finden sie in der Webpublikation "Kulturphänomen Graffiti, Teil 2".

 


 

Graffiti im ehemaligen Ostblock:

S.g. Herr ... – danke für die ausführliche Darstellung ihrer interessanten Überlegungen. Sie haben völlig recht, dass Erhebungen im ehemaligen Ostblock äußerst wichtig wären, bevor die mitteleuropäische „Sauberkeit“ allen diesen wichtigen Botschaften ein Ende macht...  

Wir haben in den letzten Jahren einige Forschungsreisen nach Ungarn, Tschechien und Slowakien unternommen und dokumentiert, soweit es möglich war. V.a. konzentrierten wir uns auf Kirchen, Burgen und Schlösser, aber auch in den Strassen der großen Städte gibt es viele historische Graffiti-Dokumente.

Wir werden versuchen, ein Projekt genehmigt zu bekommen, das es erlaubt, die Erhebungen geografisch zu erweitern und Vernetzungen und Kommunikation mit allen Wissenschaftlern auf diesem Gebiet zu ermöglichen...

Falls sie Lust haben, ihre bisherigen Überlegungen und die Arbeiten der russischen Ethnologen, die sie erwähnen, auf einigen A4-Seiten darzustellen und sie uns dies elektronisch übermitteln, werden wir den Text gerne in den Graffiti-Kongress  http://www.graffitieuropa.org/ aufnehmen. Die Seite wird gut besucht und vielleicht können sie auf diese Art weiterführende Informationen erhalten...

Es würde uns jedenfalls sehr freuen, wenn der Kontakt weiterhin bestehen bleibt! Vorerst freundliche Grüße  

 


Graffiti-Thema Liebe - besonders im Frühling allgegenwärtig.  

Dass in Graffiti sämtliche mögliche Phasen der Liebe zum Ausdruck gebracht werden, zeigten wir in der Graffiti-Enzyklopädie .

Text:
"Deine Liebe war nur Schein. Also möge diese Blume dein Verderben. Fühle nun die gleichen Schmerzen. Wie ich sie erdulde in meinem Herzen"

Kinderzeichnung - Graffito von einem Parktisch, Wien 2002

 

 

(Wien 2002):

Beiträge zum Schimpfwörterlexikon der Graffiti-Forschung

Info zu einer ifg-Subseite, die sich mit Intoleranz und Beschimpfungen beschäftigt:

http://www.graffitieuropa.org/rechts.htm

 

 

4.6.2002

 

'INK'? und 'NEIN'? - zwei verbreitete Tags aus dem Westen von Wien.
Kleber/Sticker mit diversen Tags, Wien, 2002

 

 

©Norbert Siegl, Wien, 2002

Ein wichtiger Fundort der Graffiti-Forschung sind öffentliche Parkanlagen und Kinderspielplätze. Kinder sind insgesamt betrachtet die eifrigsten Graffiti-Produzenten im öffentlichen Raum. Idealerweise macht man Dokumentationen zu Tages-Zeiten, an denen keine Kinder anwesend sind, also eher am Morgen oder bei schlechterem Wetter. Manchmal ergibt es sich aber zwangsläufig, dass man auf Kinder trifft und wenn man sich für ihre Produktionen interessiert, kommt es natürlich zu vielen Fragen. Viele Kinder lieben es, fotografiert zu werden, so wie das kleine Mädchen im Bild links. Dabei sollte man eine gehörige Distanz wahren.

Da Kinder oft sehr anhänglich und vertrauensvoll sind, ist manchmal auch die Warnung vor dem "bösen Onkel" angebracht. 

 

 

Graffito aus Wien:

Tastatur?

©Norbert Siegl, 2002

 

 

Seit einiger Zeit kursieren e-mails, die alle nach demselben Muster gestrickt sind:

Mutter deren Sohn verhaftet wurde und dem nun verschiedene Tags von der Polizei  unterschoben werden und die ganz schnell Hilfe sucht. Die Kommunikation erfolgt halbanonym, d.h. es wird nicht mitgeteilt, woher das e-mail kommt, auch die näheren Umstände werden verschwiegen. Ein deutschsprachiges e-mail dieser Art nahmen wir - um die Sache grundsätzlich zu klären - zum Anlass, um Infos von der Berliner Stadtverwaltung einzuholen - veröffentlicht sind die Ergebnisse in der Graffiti-News Nr. 7 und der Graffiti-News Nr. 8. Hier nun der original englischsprachige Text des heutigen e-mails:

"Hello: I'm hoping you can help me. My son has been charged with two felony counts for grafitti writing. The prosecutors case is based on having an "expert" testify that the tags in question were done by my son based on comparison to a photo of a tag taken in our yard. My question is this. Has the science been developed to make this type of judgement? And if so, can it be done from photographs.

I will appreciate any help or direction you can provide. His trial is slated for the week of June 24, 2002 so I don't have a lot of time.

Thanks

Monique Mustard  mmustard@yahoo.com"

 


 

Zur gestern veröffentlichten Anfrage (siehe unten) nach dem größten Graffito Europas oder der Welt kam eine hilfreiche Antwort von Saul Len vom Frankfurter Graffiti-Archiv, der, ganz im Sinne einer empirischen Graffiti-Forschung, nähere Differenzierungen vornimmt:

"Erst mal muss bestimmt werden, welcher Bereich gemeint ist. Wenn man die Bodenzeichnungen in Peru als Graffiti betrachtet, dann dürften das die Größten sein. Bei Writing muss zwischen Auftragsarbeit und illegalen Teilen unterschieden werden, in Offenbach wurde eine Brandmauer legal gesprüht, vermutlich das größte Teil im Rhein Main Gebiet. Zu den illegalen Pieces mit den größten Maßen zählt sicher "AK", hab zwar ein Foto davon, aber auf die Idee nachzumessen bin ich noch nicht gekommen. Betrachtet man dagegen Sticker als Bestandteil von Writing, die Frage kann ich beantworten. Die größten Sticker gab es in Frankfurt. Gruß Saul"

 


 

Interview des deutschen Wissenschaftsmagazins sciencegarden mit Frau Mag. Susanne Schaefer-Wiery vom Institut für Graffiti-Forschung. Thema "Graffiti und Graffiti-Forschung". 

 


 

Beiträge zur Graffiti-Bibliographie:

SZ Wochenende, S. VIII, 1./2.Juni 2002
Unter dem Titel "Gefährliche Liebschaften" ist ein Interview mit einem anonymen 30jährigen Pariser zu finden, der für 1080 € die Vornamen von Geliebten seiner Auftraggeber auf Wände sprayt. Bisher angeblich bereits 70mal.

WIENER ZEITUNG, S.4, 3.6.2002:
Einem Bericht über Algerien ist zur Illustration ein Foto einiger Schrift-Graffiti beigegeben.

 


 

3.6.2002

INPUT: 
Falls jemand mit Mitteilungen helfen kann, werden wir diese gerne weiterleiten:

DAS GRÖSSTE GRAFFITO EUROPAS UND DER WELT - was die Leute alles so beschäftigt:

"Liebes Team des Graffiti Archivs, nachdem ich jetzt stundenlang erfolglos websites unter dem stichwort "Graffiti" durchforstet habe, versuche ich es jetzt mal hier. Ich hätte gerne gewusst wo sich das größte Graffiti in Europa (und weltweit) befindet, wie groß es tatsächlich ist und welches Motiv es hat. Hinweise (auch auf mögliche andere Info-Stellen) werden dankbar entgegengenommen." 

 


 

"sehr geehrte damen und herrn, im rahmen meiner diplomarbeit "Graffiti, Macht und Kontrolle. Soziologische Studie zu den Folgen einer politisch-ästhetischen Äusserung" suche ich arbeiten die sich bereits mit den themen graffiti und repression, macht oder kriminalisierung befassen. leider gestaltet sich die suche ziemlich schwierig. in der (deutschen) kritischen kriminologie wird öfters auf den kontext verwiesen, aber es sind mir bisher keine untersuchungen bekannt. wurden im rahmen ihres instituts dazu entsprechende arbeiten bereits verfasst?

ich würde mich über ihre hilfe freuen. mit freundlichen grüssen"

 

 

Graffiti und Symbolforschung:

Bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion waren Hammer und Sichel - als kommunistische Symbole - neben dem faschistischen Hakenkreuz und dem Anarchisten-A die meistverbreitetsten Symbole in Graffiti. Nach 1990 verschwanden Hammer und Sichel fast völlig - hier eine Ausnahme aus Berlin - Prenzlauer Berg - wo das Symbol als Spraymotiv auftauchte.

©Norbert Siegl, 2002

 

 

Aktuelles Tag aus Wien, entstanden neben einem Jugendlokal, Wien, 2002
Historisches Wiener Tag - STONE - entstanden vermutlich Mitte der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts, dokumentiert im Mai 2002


 

 

Zugang zu allen bisher veröffentlichten News-Artikeln mit kurzer Inhaltsangabe (Schlagwörter, Keywords) finden sie in der Graffiti-Enzyklopädie

Zuletzt veröffentlichte Ausgabe (Graffiti-News Nr. 19): Graffiti News, 19/2002