Graffiti-News Nr. 22, 9.6. - 11.6. 2002

Neuigkeiten aus der Welt der Graffiti-Forschung

e-mail an das institut für graffiti-forschung

NEU: Graffiti-Museum Wien - www.graffitimuseum.at

zur graffiti edition - Fachverlag Graffiti und Street-Art

 

11.6.2002

 

Abteilung "seltsame Anrufe":

Es meldete sich heute am Morgen eine Dame - nach eigenen Angaben Mitglied der ANISA - um mitzuteilen, dass ein Kongress stattgefunden hat, bei dem es am Rande auch um Graffiti bzw. Felsbilder gegangen ist. U.a. wurde beim Gespräch auch das alte Problem "Felsbilder" vs. "Graffiti" angesprochen. Ein Problem, das übrigens überhaupt nicht existiert, da die meisten Felsbilder (bzw. Felsritzungen) klassische Graffiti sind. 

Wie ich bei einer längeren Fachdiskussion per e-mail mit einem der Spezialisten für Felsritzungen feststellte, hat es eher gesellschaftliche Gründe, dass sich die "Felsritzforscher" klar von Graffiti distanzieren möchten: 
sie wollen dem - teils negativ besetzten - Begriff Graffiti entgehen um so für ihre Forschungen und ihren Forschungsgegenstand ein besonderes Renommee beanspruchen zu können: alt, ehrwürdig, edel, Felswand, Alpen, Ahnen, etc. Diese Distanzierung ist natürlich Unsinn, schon eher ist die rein fundortspezifische Differenzierung angebracht: so wie es Graffiti an Klowänden, Graffiti an walls of fame, Graffiti in Gefängnissen und auf Schulbänken gibt, so gibt es eben auch Graffiti an Felswänden. Jede dieser Graffiti-Formen hat ihre Berechtigung und Tradition und bietet dem Forscher ganz eigene interessante Möglichkeiten.

Eine noch generellere Differenzierungsmöglichkeit (nach der Art der technischen Ausführung) - entwickelten wir in der Graffiti-Definition. Demzufolge wird in abtragendes und auftragendes Verfahren unterschieden:

Ersteres ist immer mit "Substanzverlust" des Trägermaterials verbunden, der größte Teil der Felsritzungen fällt in diese Kategorie, zweiteres ist mit einer Hinzufügung von Substanz (Farbe, etc.) verbunden - das Trägermaterial selbst bleibt in seiner Substanz unangetastet. Es soll betont werden, dass eine Differenzierung dieser Art absolut nichts mit einer moralischen oder ästhetischen "Wertung" zu tun hat!

Zur Verdeutlichung:

abtragendes Verfahren durch Substanzverlust der Oberfläche (in diesem Fall ein Gasthaustisch), und ...
... auftragendes Verfahren - Farbe wird der Oberfläche hinzugefügt!

 

 

Forschungsreihe "Graffiti-Tags in Wien": 

Bild links: "Vandal", 1. Wiener Gemeindebezirk, Juni, 2002

Bild rechts: "misk", 1. Wiener Gemeindebezirk, Juni, 2002

©Wiener Graffiti-Archiv

siehe dazu auch:

http://www.graffitieuropa.org/enzyklopaedie.htm

 

 

10.6.2002

 

Information zu einem Graffiti-Jam in Warschau - wir freuen uns besonders darüber, da einige der Mitwirkenden polnischen Sprayer Gäste bzw. Vortragende beim Graffiti-Workshop "Europa 2000" in Wien waren. 

 

 


 

Externer Hinweis auf eine sehr schöne, ästhetisch ansprechende Graffiti-Seite, die schon auf den ersten Blick vermittelt, wie vielfältig die Kommunikationsform Graffiti ist:

http://www.graffitiint.com (Fotos von David R. Johnson)

 


 

 

Wir berichteten gestern (siehe unten) über einen besprayten S-Bahn-Triebwagen in Wien. Hier zwei Messages die - eingebaut in die Pieces - vorhanden waren: 

"Crime after Disco", (ALIBI) und ...

... eine Liebeserklärung an die Bahn von MURL, der das klassische Symbol, das durchbohrte Herz, über das S-Bahn-Logo setzte. Ob die Liebe auf Gegenseitigkeit beruht muss bezweifelt werden. Die polizeiliche Verfolgung von Sprayern in Österreich erfolgte zuerst auf Veranlassung der ÖBB und der Wiener Verkehrsbetriebe - siehe dazu: GRAFFITI-READER.

©Norbert Siegl, Juni 2002

 

 

 

9.6.2002

"ALIBI" als Tag ein bekannter Begriff in Wien, über den wir schon in einer der Graffiti-News-Ausgaben berichteten ...

... hier ein seltenes Wiener Beispiel für einen komplett besprayten S-Bahn Triebwagen - WHOLE CAR: Pieces von MURL und ALIBI, Wien, Juni 2002

©Wiener Graffiti-Archiv

 

 

Graffiti und Symbolforschung:

Klassisches Graffito (Anarchisten-A) in einem Gasthaustisch, Wien, 1ter Bezirk, Juni, 2002

 

 

Storch mit Joint - Motiv aus einem wenig frequentierten Durchgang im 1ten Wiener Bezirk.

©ifg2002

 

 

Das kleinste Hakenkreuz Wiens:

dokumentiert in einem Waggon der U-Bahn-Linie 3, Juni, 2002

 

 

Impressionen von ersten legalen Wiener wall beim Donaukanal.

Wien, Juni 2002

Detail eines Pieces von Keramik - einem der aktivsten Wiener Sprayer. Typisch ist der Hasen-Character, den er - als LOGO - in seine Werke einbaut.

In vielen Pieces von Keramik ist starke ANALFIXIERUNG festzustellen - rechts ein schwebender Kothaufen

 

 

Betrifft: Links zu graffitirelevanten Seiten

Es kommen immer wieder Vorschläge verschiedener Leute, die auf der Instituts-Seite verlinkt werden wollen. Dazu einmal grundsätzlich: wirklich wichtige, informative Seiten (von denen es leider zu wenige gibt) werden gerne in unsere Link-Listen aufgenommen

Ansonsten ist die Verlinkung ein Verfahren, das auf Gegenseitigkeit beruhen muss. 

 

 


 

Historische Motive aus der linken Szene, entstanden bei Demonstrationen und Hausbesetzungen. Dokumentiert vom Frankfurter Stadt-Chronisten und Graffiti-Forscher Saul Len:

Frankfurt/Main 1981: Spruch zur Demonstration in Brokdorf gegen das AKW. 

Ffm 81: Graffiti auf einer Notrufsäule - bei der Demonstration geschrieben. 

Ffm 81: Graffito im Zusammenhang mit den Hausbesetzungen und nachfolgenden Räumungen.

Ffm 81: Am zeitweilig besetzten ehemaligen Bahnbetriebswerk in Nied war auch die Post als Eigentümer beteiligt. Daher das als Posthorn gestaltete Besetzerzeichen.

Ffm 81: Entstanden bei einer Spontandemo zur Niedbesetzung. 

©Saul Len, Frankfurter Graffiti-Archiv

 

 

Kurier, S. 7, Samstag, 8.6.2002:

Unter dem Titel "Kameras in Öffis sollen Vandalen überführen. Totale Überwachung in München" wird berichtet, dass die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) plant, zukünftig alle Busse, U-Bahnen und Straßenbahnen mit Videokameras zu überwachen. Der Grund: zerschnittene Polster, beschmierte Wände und zerkratzte Scheiben - im Vorjahr beliefen sich die Reparaturkosten dafür auf 1,6 Millionen €. Besonders beliebt sei in München derzeit das Zerkratzen von Fensterscheiben, die Auswechslung einer Fensterscheibe kostet 400 €.

Informationen dazu im Internet: www.mvg-mobil.d

 

 

Graffiti sind Kulturelemente, in denen alle gesellschaftlich relevanten Philosophien, Einstellungen und Ansichten zutage treten.

Im Bild links ein Beispiel aus Wien, 2002

©Wiener Graffiti-Archiv


 

 

Zugang zu allen bisher veröffentlichten News-Artikeln mit kurzer Inhaltsangabe (Schlagwörter, Keywords) finden sie in der Graffiti-Enzyklopädie

Zuletzt veröffentlichte Ausgabe (Graffiti-News Nr. 21): Graffiti News, 21/2002


Internationale Graffiti-Aufträge, Wandgestaltungen

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last update: 08.06.2002