Graffiti-News Nr.13/2002

7.5. - 13.5.2002

Neuigkeiten aus der Welt der Graffiti-Forschung

Internationale Graffiti-Aufträge, Wandgestaltungen

neu: Graffiti-Museum Wien - www.graffitimuseum.at 

zur graffiti edition - Fachverlag Graffiti und Street-Art

 

13.5.2002:

 

Mitteilung von Herrn G. E. Thüry zu einer Vorlesung über Graffiti (Universität Salzburg):
 
Vorlesung an der Universität Salzburg über Wandinschriften der römischen Zeit, in der auch auf die Website des Instituts für Graffiti-Forschung hingewiesen wird und einige darin enthaltene Materialien besprochen werden. 
Titel der VO ist: "Römische Wandinschriften. Eine Einführung". Sie wird gehalten am Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Residenzplatz 1, 5020 Salzburg, im Seminarraum des Instituts. Abhaltungstermine (zweistündig): FR 17 Uhr ct, SA 9.30 Uhr an folgenden Tagen: 17./18.5.; 31.5./1.6.; 21./22.6.; 28./29.6.
 

 

Anfrage wegen Schablonengraffiti: am 7.5. haben wir ein Schablonengraffitimotiv aus Berlin veröffentlicht (dokumentiert von Saul Len). Herr Lodewick sandte das oben abgebildete, gleiche Motiv, das er in Paris gefunden hat. 

Falls jemand näheres über den Künstler, der offenbar international tätig ist, weiß, ersuchen wir um eine Mitteilung.

 

 

Neuigkeiten aus Brüssel - diesmal über Schablonengraffiti in Wien:

Herr Lodewick (siehe Graffiti-Kongress), von dem es einige bedeutende Beiträge über Schablonengraffiti gibt, war vorige Woche in Wien und sandte eine Reihe von sehr schönen Schablonengraffiti, die wir demnächst auf einer eigenen Seite veröffentlichen werden. Hier ein Exemplar mit politischem Bezug:

©Lodewick, 2002

 

12.5.2002:

Medium Graffiti und Medium Plakat

Mitteilung von Saul Len aus Frankfurt:

Am 1. und 4. Mai 02 gab es in Frankfurt Gegenaktionen gegen Nazidemos und dazu ein Plakat. Das Bemerkenswerte daran ist der seltene Fall, dass ein Writer-Piece (Destroy Faschism) als Plakatbild gedruckt wurde:

 

Nachricht von Saul Len aus Frankfurt:

In Frankfurt steht eine alte Backsteinmauer mit Graffiti in der einfachsten Form, als Kratztechnik. Die Inschriften scheinen etliche Jahre überdauert zu haben, eines scheint von 1954 zu sein. PS: In Backstein zu kratzen ist eine der ältesten Graffitiformen. Unter was für einer Einordnung das läuft, weiß ich nicht, gibt es da eine spezielle Bezeichnung?

Gruß Saul

©Saul Len, Frankfurter Graffiti-Archiv

Hallo Saul - zuerst einmal Dank für die wirklich sehr schönen historischen Motive. Die ganz eigene archaische Ästhetik der Fotos ging leider etwas verloren bei der Internet-Aufbereitung.

Zu deiner Frage: ich habe in der Graffiti-Definition eine Trennung in drei technische Varianten bei der Ausführung vorgenommen. Die Graffiti in Backstein gehören eindeutig zum "abtragenden Verfahren", nämlich zu jener Technik, bei der das Graffito durch Substanzverlust, in diesem Fall durch abkratzen von Substanz, entsteht. Es ist jenes klassische Verfahren, das auch in der Sgraffitotechnik zur Anwendung kommt, von der wiederum sich der Begriff Graffiti ableitet.
Es wundert mich nicht, dass alte Graffiti zu finden sind, im Vergleich zum auftragenden Verfahren (wo Substanz, also Farbe hinzugefügt wird) sind diese Formen witterungsbeständiger. Einige Beispiele für Hieroglyphen-Graffiti aus Ägypten kannst du über die Wissenschaftslinks finden, dort gibt es auch einen LINK zur ANISA, einer wissenschaftlichen Organisation, die sich mit der Erforschung der Fels-Ritz-Graffiti in den Alpen beschäftigt. Auch das Tag des Dichters Rimbaud (in Sandstein gekratzt) gehört zu dieser technischen Variante - veröffentlicht in der Graffiti-News Nr. 4.

Es gibt auch in Wien einige Beispiele für diese klassische Graffiti-Technik: 
z.B. in einem Ziegel vor einem Habsburgerschloss, wo sich um die Wende 19/20stes Jhdt eine Wachmannschaft "verewigte", in den Türmen des Stephansdoms findet man hunderte geritzte Namen mit Jahreszahl. Im Wienerwald kann man Hakenkreuze, sogar Kruckenkreuze aus den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts als Baumritzungen finden - daneben natürlich viele Herzen mit Initialen - es gibt aber auch einige gekratzte Anarchisten-A im Wiener Graffiti-Archiv. Das älteste von mir dokumentierte Herz mit Initialen stammt aus dem Jahre 1620 und ist im Artikel Kulturphänomen Graffiti veröffentlicht - wichtig auch die älteste in Österreich belegbare Kinderzeichnung (veröffentlicht in der Graffiti-News Nr. 10, am 21.4.2002) - als Graffito im Verputz einer römischen Villa. Hunderte eingekratzte Namen (kyrillische Schrift) fand ich an einer Backstein-Wand in einem Berliner Vorort, wo sowjetische Soldaten stationiert waren. Gekratzt sind auch die (Gefangenen-)Graffiti im Londoner Tower. Es gibt dazu hunderte Beispiele, und es lohnt sicher, weiterzusuchen, zu registrieren, zu dokumentieren.

Charakteristisch bei diesen Graffiti ist, dass sie meist eher reduktionistisch ausgeführt sind, eher wenig Rundungen, meist eckig. Was auch wieder klar ist, da einiger Arbeitsaufwand mit solchen Ritzungen verbunden ist und technische Hilfsmittel nötig sind - Nagel, Schlüssel, Taschenmesser, Metallkamm, Knochen, Spazierstock mit Metallspitze, Flaschenöffner, Korkenzieher, Diamantschneider, ... Dieser Aufwand führt dann direkt zum wesentlichen: Initialen mit Jahreszahl, Herz mit zwei Buchstaben...

Vielleicht kannst du näheres über die Lage der Wand mitteilen:
Park, Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels in der Nähe, Innenhofbegrenzung einer Werkstätte, Kinderspielplatz, Treffpunkt von Jugendlichen???

Gruß, N. 

 

11.5.2002:

Beitrag zur Aktualität von Graffiti aus der Stadtbibliothek Stavanger in Norwegen:

Graffiti-Reaktion auf die amerikanische Intervention in Afghanistan.

 

 

Graffiti-Forschung = Symbolforschung

Alle wichtigen Symbole der Menschheit finden sie auch in irgendeiner Form als Graffito wieder, oder sie wurden überhaupt ursprünglich als Graffito kreiert. Die Entwicklung von Symbolen ist ein Prozess, der dynamisch verläuft und niemals abgeschlossen sein kann. Ein wichtiger Teilaspekt der Graffiti-Forschung besteht darin, diese Neukreationen zu erfassen. Im Bild (rechts) eines dieser neuen Symbole aus dem Bereich Jugendkultur.

©ifg2001 (Norbert Siegl)

 

10.5.2002:

Das Bild stammt von Pieter Zandfliet. Erreichbar ist er über die Galerie Slaphanger in Rotterdam: mailto:itam@kabelfoon.nl

Graffiti: Kunst und Künstler

Graffiti als älteste Kommunikationsform der Menschheit stehen weit über jeder Form von Kunst! Ihre Summe gibt ein weitreichendes Abbild der jeweiligen Probleme der Menschheit.

Daneben gibt es aber auch Künstler, die bestimmte Graffiti-Formen in ihre Arbeit miteinbeziehen oder sich dadurch inspirieren lassen. Nachdem immer wieder Anfragen im ifg eintreffen: einerseits Vermittlungswünsche von Künstlern, andererseits Nachfrage nach Künstlern von potentiellen Auftraggebern, planen wir, auf eigenen Subseiten Portraits von Künstlern zu präsentieren und ersuchen um Kontaktaufnahme!

Eine sehr gute Zusammenfassung zum Thema Graffiti und Kunst finden sie auf einer Subsite des Instituts (Susanne Schaefer-Wiery).

Zugang zu künstlerisch motivierten Graffiti-Websites (international) finden sie auf der Seite des Instituts für Graffiti-Forschung:
Links: Jugendkultur und Kunst

 

9.5.2002:

Input - Beitrag zur EDDING-KULTUR - die älteste Kommunikationsform der Menschheit und was alles damit gemacht wird:

Yo Institut für Graffiti-Forschung!

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SPRAYER GESUCHT!!!! BERLIN! 
Falls jemand dieses anspruchsvolle Motiv umsetzen kann - bitte direkte Kontaktaufnahme mit Marco per Telefon!

Wir sind ein Wasserbetten Studio und würden gerne eine neue Erlebniswelt
schaffen. Motiv über 4 Wände:

Motto die Evolution des Menschen, Urknall-Entwicklung der Erde - Fisch -
Reptil - Saurier - Affe - Affenmensch - Geburt des Mensch und das als Pärchen. Zum Schluss sollen die Beiden auf einem Wasserbett liegen. Viel Natur, helle Farben Himmel usw..

Grüße aus Berlin, Marco, Tel.0049 30 486 25 470

 

Betrifft: Kyselak-Forschung

Es wandte sich heute ein junger Mann an das ifg: 

"Sehr geehrter Herr Mag. Siegl, an der UNI Salzburg soll ich im Rahmen einer Lehrveranstaltung " Reisen im alten Österreich" ein Referat vorbereiten und bin dabei in unserer UNI-Bibliothek auch auf kurze Hinweise bezgl. Ihrer interessanten Graffiti-Forschung und dabei auch auf Joseph Kyselak gestossen.
Frau Mag. Schaefer gab mir freundlicherweise schon einige Auskünfte sowie auch Ihre E-Mail-Adresse. Darf ich Sie darum bitten, mir mitzuteilen, ob und wo es noch Hinweise, Aufschriften, Literatur etc. über Kyselak gibt ?
Für Ihre Unterstützung wäre ich Ihnen sehr verbunden. Mit Dank im voraus und schönen Grüßen aus Salzburg, ..."

Lieber Herr ..., alles was wir zu Kyselak wissen, ist in der kürzlich erschienenen "Graffiti-Enzyklopädie" veröffentlicht, sie werden sicher verstehen, dass ich mich ungern wiederhole. Ich denke, die Publikation wird in der UB-Salzburg zugänglich sein, bzw. ist sie beim Verlag bestellbar. Ein Foto eines Kyselak-Tags finden sie darin auf Seite 217.

Neben der historischen Wichtigkeit Kyselaks im Rahmen der Graffiti-Forschung (sozusagen als Ahnvater der Tagger), besteht eine ganz eigene Tradition der Kyselak-Forschung in Österreich: 
Unter anderem sind daran zwei hochrangige Persönlichkeiten aus dem wissenschaftlichen Bereich beteiligt, die im Beisein Frau Mag. Schaefers, sich beide als "Entdecker" desselben Kyselak-Tags präsentierten...

Neben diesen beiden Herren (deren Namen ich hier nicht bekanntgeben möchte) ist uns noch Herr Holischka als Kyselak-Spezialist bekannt. Laut persönlicher Mitteilung besitzt er einige Materialien, deren Publikation er vorbereitet, bzw. die er inzwischen schon publiziert hat.

Sonst:
Der Name Kyselak lebt nach wie vor, man begegnet ihm gelegentlich in Toiletten und an Hausfassaden. Wer ihn weiterträgt, ist unbekannt. Vor kurzem erst begegnete mir bei meinen Forschungen im 10ten Wiener Gemeindebezirk eine Variante, die ich als in dieser Tradition stehend ansehe - siehe Foto. Die Verstümmelung des Namens ist ja schon aus dem Biedermeier bekannt und ich denke, sie fand hier eine Fortsetzung.

Ich hoffe, ihnen mit meinen Ausführungen etwas gedient zu haben. Falls ihre Arbeit interessant wird, bieten wir ihnen gerne an, diese als Subsite auf http://graffitieuropa.org/ zu veröffentlichen.

Mit Gruß und guten Wünschen für ihr Referat. N.Siegl

 

Ablehnung eines Hakenkreuz-Graffitos in Rom, dokumentiert wurde das Motiv bei den Forschungen im Mai 2001.

Während einerseits Graffiti mit rechtsextremen und neofaschistischen Inhalten stark im Ansteigen sind, gibt es auch viele Interventionen und Gegen-Graffiti auf diesen Botschaften. Dem ifg liegt ein umfassender Hakenkreuzzyklus vor (ca. 100 Motive) wo die klassischen Formen der Ablehnung dokumentiert sind.

 

8.5.2002:

Anfrage Literatur:

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin Studentin an der ... in München und stecke in der Vorbereitung eines Referates im Hauptseminar "Ethnolinguistik" zu dem italienischen Graffiti. Ich habe bereits empirische Erhebungen in Turin gemacht (ca. 200 Dias), bin allerdings natürlich auch dazu aufgefordert Literatur zu konsultieren. Leider ist das Buch des internationalen Vergleiches ihrerseits nicht in Kürze ausleihbar - nur über Fernleihe. Nun wollte ich sie fragen, ob ich meine Freundin aus Wien zu Ihnen schicken könnte, damit sie mir ein paar Kopien aus dem Buch machen kann? Mit freundlichen Grüssen, ...

Liebe Frau ... - ihre Freundin kann gerne Kopien aus der Studie machen, dazu braucht sie auch gar nicht zu uns kommen (wir betreiben keine öffentliche Bibliothek!). Die Studie ist sowohl in der Nationalbibliothek als auch in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek sofort zugänglich! Dort gibt es auch Kopiermöglichkeiten.

Übrigens ist die Grundkonzeption (Das Wiener Modell der Graffiti-Forschung) auch in der kürzlich veröffentlichten Graffiti-Enzyklopädie beibehalten und ersichtlich. Bibliographische Hinweise:

Infos - Basisliteratur zum Thema Graffiti
(http://graffiti.netbase.org/edition.htm)

 


 

Graffiti und offizielle Medien:

Kurier, 7.5.02, S.4: Einer Wahlberichterstattung (Frankreich) ist zur Illustration ein Graffito beigegeben "ET MAINTENANT ?" (und jetzt?).

 

Seltenes Beispiel für ein CDU-freundliches-Graffito. Gerade die CDU und ihre Repräsentanten sind oft heftiger Kritik von Graffiti-Aktivisten ausgesetzt. Das Bild entstand im Rahmen der Graffiti-Dokumentation-Deutschland im Herbst 1998 in Berlin (Wahlkampfdokumentation). 

©Norbert Siegl, Wiener Graffiti-Archiv

 

Wahlplakat Bundestagswahl 1998, Berlin, ©Saul Len, Frankfurter Graffiti-Archiv.

Aktuelles ifg-Projekt: 
Graffiti zur deutschen Bundestagswahl 2002 in Zusammenarbeit mit Berliner-, Wiener- und Frankfurter Graffiti-Archiv.

 

7.5.2002:

Gruß von Monika Vykoukal aus New York - Motiv von der großen hall of fame in Harlem.

 

 

Der Frankfurter Graffiti-Forscher Saul Len, dem das ifg bisher sehr viele interessante Motive aus Deutschland verdankt, sandte schon vor längerer Zeit einen Stapel Farbfotos. Leider ergab sich bisher keine Gelegenheit zur Aufarbeitung, ein neuer Scanner im ifg macht es nun möglich die vielen schönen Motive für das Internet aufzubereiten. Die Copyrights an den Fotos liegen bei Herrn Len, hier ein erstes Motiv:

Berlin 1998, Schablone in Kombination mit historischen Tags

 

 

ARCHIV der NEWS-Artikel: 

http://www.graffitieuropa.org/enzyklopaedie.htm